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Wenn sich Luchse und Wölfe gemeinsam auf Biber-Spurensuche machen...

Ob wir wirklich einen echten Garchinger Biber gesehen haben, können wir Euch gleich vorweg verraten:

21.10.2023

JEIN.

Nein, denn wir haben vormittags bei unserer Bibertour mit dem Experten Peter Martin natürlich keinen lebendigen Biber umherschwimmen sehen - die schlafen zu dieser Zeit nämlich alle friedlich in ihren Burgen.
Aber ein bisschen auch ja, denn schon zu Beginn konnten wir durch das weiche Fell und über die ledrige Schwanzflosse eines echten, erwachsenen Bibers streichen. Auch die messerscharfen und superstarken Zähne konnten wir hautnah begutachten. Leider war der Biber dazu mausetot.
Aber diese Führung für die Luchse und Wölfe, zwei Kinder- und Jugendgruppen der Jugendorganisation des BN, hatte noch viel mehr zu bieten als das. Aber lest selbst:


Wir treffen uns schon morgens auf der Obstwiese.
Am Bach sehen wir rund um die Kastanienbäume schon zahlreiche Drahthosen und benagte Stämme, die uns schon etwas über die Anwesenheit von Bibern verraten. Auch die Obstbäume sind eingezäunt - zu ihrem eigenen Schutz, denn Biber lieben Äpfel. Und Mais.

Und was fressen Biber eigentlich sonst so? Rinden, junge Triebe und Äste von hoch oben, was auch der Grund fürdie Baumfällungen ist, weil Biber keine Baumstämme erklimmen können. Wusstet Ihr, dass Biber auch Gras fressen?
Weidentriebe sind sehr beliebt und davon gibt es an den Garchinger Bächen jede Menge.

Biberrutschen am Wehr nördlich der Obstwiese.
Am Wehr neben der Obstwiese gibt es die ersten Biberrutschen zu entdecken. 
Diese nutzt der Biber als Ein- und Ausstieg in den Bach, etwa weil der Bach durch ein Wehr unpassierbar ist oder weil außerhalb köstliches Futter lockt. Er nutzt dabei immer dieselbe Stelle und schiebt aus dem Wasser extra Schlamm die Bahn hinauf.

Biberhöhlen und -röhren am Bachufer.
Unterhöhlungen führen oft zu Löchern im Uferbereich. Diese sehen wir ganz deutlich im Gebüsch nebenan.
Biber graben entwerder Röhren Richtung Land, um an Futterquellen zu kommen ohne das (sichere) Wasser verlassen zu müssen oder sie bauen im Uferbereich eine Burg.

Burgen sind wie Hochsicherheitsgefängnisse gegen Eindringlinge: Der Eingang liegt immer unter Wasser. Sinkt der Wasserspiegel jedoch ab, hilft der Biber mit Dämmen nach und staut das Wasser solange, bis der Eingang wieder sicher unter Wasser liegt. Steigt das Wasser zu hoch, macht der Biber solange Löcher in den Staudamm, bis der Wasserstand genau passt. Ganz schön clever! 

Am besten klappt eine Burg an einem Steilufer, dort kann der Biber unter Wasser einen Tunnel in das Erdreich graben, dann nach oben und über dem Wasserspiegel wird dann die Höhle gebuddelt. Bricht die Decke durch, wird mit zahlreichen Hölzern und Schlamm ausgebessert. 
Was wir "Biberburg" nennen ist also eigentlich nur das Dach.

Eine Biberfamilie bewohnt rund 5 Burgen gleichzeitig, aber immer nur eine Burg wird winterfest hergerichtet.
Das erkennt man daran, dass das Dach sorgfältig mit Schlamm und Schlick bedeckt ist, der Eingang mit Ästchen bedeckt ist und ein sog. Nahrungsfloß angelegt wird. Das ist ein Wintervorrat auf einer fixierten Platte aus Stöcken.

Wie groß ist eine Biberfamilie?
Biberfamilien sind meist zu sechst: 2 Alttiere, 2 Jugendliche und 2-4 Kleine.
Im Münchner Norden sind seit vielen Jahren alle Reviere belegt und der Revierstress ist so hoch, dass pro Wurf meist nur 2-3 Babys geboren werden von denen häufig nicht alle überleben. 

Wenn Biber 2 Jahre alt sind, müssen sie die Burg verlassen und sich ein eigenes Revier suchen. Der angeborene Wandertrieb lässt sie odft erstmal 10 - 15 km weiterziehen, bevor sie sich überhaupt niederlassen wollen.
Ein Revier umfasst 3 - 4 km und da alle Reviere im Münchener Norden besetzt sind, kann der Biber sich ein eigenes Revier nur erkämpfen.
"Reviere werden gnadenlos verteidigt", berichtet Peter Martin uns. Häufig wird einer der beiden Kontrahenten so stark verbissen, dass er daran stirbt. Das klingt rabiat, gehört aber zur natürlichen Verminderung der Bestandszahlen dazu.
Überlebt der Biber, entscheidet er sich oft gegen einen weiteren Weg im Wasser und wandert an Land weiter.
Bei Landgängen ist das Auto seine größte Bedrohung und führt ebenfalls häufig zum Tod.
Biber werden durchschnittlich 8 bis 10 Jahre alt, im Optimalfall sogar bis zu 14 Jahre.

Dass sich der Biber so stark vermehrt und deswegen vom Menschen getötet werden muss, ist übrigens Quatsch.
Ja, der Biber hat keine Feinde hierzulande, außer sich selbst. Aber da alle Reviere besetzt sind und die Geburtenraten sehr konstant sind, gibt es keine überschießenden Biberzahlen, wie so manche*r zu berichten vermag.

Zum Abschluss zeigt uns Peter Martin noch die schönste und größte Biberburg weit und breit. Dafür müssen wir ordentlich in die Pedale treten. 
Sie ist über 5 Jahre alt und winterfest und während wir da so stehen, schlummert ganz nah neben uns unter der Erde eine ganze Biberfamilie ❤️
In dieser Gegend hat die so friedlich schlafende Biberfamilie übrigens schon mal eine ordentliche Überschwemmung angerichtet. 
Dämme können zur Not nämlich so dicht gebaut werden, dass kein Tropfen mehr durchkommt. Beim Material nimmt der Biber alles, was da ist. Auch Müll, wie etwa Flaschen, werden da verbaut.

Achtung übrigens bei Biberburgen: Niemals, wirklich niemals sollte man da drauf klettern oder zu nah kommen, auch wenn die Burg alt und unbewohnt scheint. Tiefe unterirdische Löcher und Höhlen, die teils mit Wasser gefüllt sind, führen rund um die Burg zu Einsturz- und Lebensgefahr!

Ganz abgesehen davon, dass es ohnehin streng verboten ist, Biber zu verängstigen oder ihnen gar etwas anzutun. Biber sind in Bayern streng geschützt, nachdem sie noch vor 3 Jahrzehnten als nahezu ausgerottet galten.

Warum ist es denn so wichtig, dass der Biber geschützt wird?
Peter Martin erklärt uns das so: "Biber sind der Motor der Artenvielfalt". Denn keine andere Tierart schafft es durch ihre Landschaftsgestaltung in so kurzer Zeit so viele verschiedene Tierarten anzusiedeln. Ein Beispiel: Das gestaute Wasser zieht Lebewesen an, die stehende Gewässer benötigen, entweder als Lebensraum, als Laichgebiet oder als Futterstätte:
Frösche und Kröten laichen etwa in die angestauten Teiche, das lockt wiederum Reiher und Störche an.
Mücken, Fliegen, Libellen und viele andere Insekten legen ihre Eier ins Uferwasser ab. Sie sind Futter für zahlreiche Wassertiere und nach dem Schlüpfen Nahrungsgrundlage für viele Vogelarten und andere Tiere.

Natürlich gibt es durch aufgestautes Wasser auch immer wieder Konflikte, vor allem aus Sicht des Menschen, da es immense Schäden oder großen Aufwand verursachen kann. Doch für die allermeisten Situationen gibt es gute Lösungen für beide Seiten und der Biber muss nicht zwangsläufig "entnommen" werden - wenn der Mensch denn will. Aktuell gibt es sogar einen Biber im Garchinger Stadt-Bach. Wir wünschen ihm nur das Beste! 

So viel Expertise ließ uns schwer beeindruckt und mit geballtem Wissen nachhause ziehen.
Voller Bewunderung fragte Valentin unseren Biber-Experten Peter Martin zum Abschluss: "Bist Du ein Forscher für die Biber?"